Von Schlangenreifen und Reiterharnischen

200 Jahre Altertumsverein: Sonderausstellung „Bürger sammeln für Westfalen“ im LWL-Museum für Kunst und Kultur

Münster (lwl). 200 Jahre Sammelleidenschaft für Westfalen: Der Altertumsverein feiert sein Jubiläum mit der Ausstellung „Bürger sammeln für Westfalen – 200 Jahre Altertumsverein“ und mit dem zweitägigen 76. Tag der westfälischen Geschichte am Freitag (9.5.) und Samstag (10.5.) im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster. Die Ausstellung präsentiert vom 10. Mai bis zum 26. Oktober kulturhistorische Schätze aus Westfalen – gesammelt von Bürgern für ihre Region, der Zeit entsprechend waren es ausschließlich Männer.

1825 wurde die Abteilung Münster des Altertumsvereins gegründet, ein Jahr zuvor hatte sich bereits die Abteilung Paderborn gegründet. „Es war kein Zufall, dass sich die beiden Vereine wenige Jahre nach dem Wiener Kongress gründeten: Die meisten Klöster wurden aufgehoben, ihre schriftliche und kulturelle Überlieferung war nun akut bedroht“, so Dr. Georg Lunemann, der Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). „Noch bevor die Provinz mit der Einrichtung zentraler Archive reagierte, übernahmen Privatpersonen die Initiative und kümmerten sich um die teilweise verwahrlosten Bestände. Eine regionale Kulturpolitik, so wie wir sie heute kennen, gab es damals noch nicht. Die preußische Verwaltung kümmerte sich um Schulen und Justiz, um Straßenbau und das Militär, vor allem aber um die Steuererhebung.“

Ausstellung
Die Sonderausstellung ist das Ergebnis von 200 Jahren Arbeit der Vereine für Geschichte und Altertumskunde Westfalens aus den Abteilungen Münster und Paderborn. „In der Ausstellung sind 200 der schönsten, spektakulärsten und auch ein paar skurrile Sammlungsobjekte zu sehen. Dabei ist die Grundidee des Ausstellungskonzepts ‚Bürger sammeln für Westfalen`“, so die stellvertretende Museumsleiterin Dr. Tanja Pirsig-Marshall. „Es soll deutlich werden, dass sich der Verein nie als Gelehrtengesellschaft verstand, sondern mit seiner Tätigkeit auf die Breite der an Geschichte und Kultur Westfalens interessierten Bevölkerung zielte.“ Die gezeigten Objekte reichen von einem osmanischen Münzfund aus Ostbevern (Kreis Warendorf) bis zum römisch-germanischen Schlangenarmreif aus Paderborn. Ebenso ist ein kurioses Trinkgefäß in Kanonenform aus Dülmen (Kreis Coesfeld) zu sehen, das aus dem Jahr 1584 stammt. Ein Rätsel gibt ein mittelalterliches Schwert auf: Die Inschrift „Gicelin me fecit“ (deutsch: Gicelin hat mich gemacht) deutet darauf hin, dass der Schmied Gicelin die Waffe im 12. Jahrhundert hergestellt hat. Untersuchungen haben aber ergeben, dass das Schwert aus dem 14. Jahrhundert stammt. Ist es also ein Plagiat, um vom Namen des damals berühmten Schmieds zu profitieren?

Eines haben alle Objekte gemein: Sie wurden gesammelt, gesichert und sichtbar gemacht von Bürgern. Egal ob Alltagsgegenstand oder Kunstwerk, die Sammlung bietet so einen Querschnitt durch das westfälische Leben vieler Jahrhunderte. Interessierte können ab Samstag (10.5) bis zum 26. Oktober an jeden Samstag von 11.15 bis 12.15 Uhr an einem Ausstellungsrundgang teilnehmen.

76. Tag der westfälischen Geschichte
Der Altertumsverein veranstaltet seit vielen Jahren gemeinsam mit der Historischen Kommission beim LWL den Tag der westfälischen Geschichte. Die 76. Auflage beginnt am Freitag (9.5.) um 15 Uhr im LWL-Museum für Kunst und Kultur, die gesamte Veranstaltung ist öffentlich und kostenlos. Dabei geht es am Nachmittag in drei Vorträgen um die Hexenverfolgung in Westfalen-Lippe. Bei der Abendveranstaltung mit Grußworten von Dr. Georg Lunemann, dem Direktor des LWL, und Oberbürgermeister Markus Lewe steht eine Podiumsdiskussion im Mittelpunkt: LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, Prof. Dr. Mechthild Black-Veldrup, Vorsitzende der Historischen Kommission und Dr. Silke Eilers, Geschäftsführerin des Westfälischen Heimatbundes, diskutieren mit weiteren Kulturexpertinnen und Kulturexperten die Frage: Haben Geschichtsvereine im 21. Jahrhundert eine Zukunft? Am Samstag steht dann ab 10 Uhr das Thema „200 Jahre Sammeln“ auf der Tagesordnung. Das genaue Programm finden Interessierte unter https://altertumsverein-muenster.de/wp-content/uploads/2025/02/76.-TWG_Programm_komprimiert.pdf

Fotohinweis: Frechener Bartmannskrug mit Reliefauflagen und Zinndeckel, um 1610.
Foto: LWL / Hanna Neander